Stell dir vor, es gibt Menschen, die wollen aber KÖNNEN nicht. Und zwar alles: vom Anziehen, Zähneputzen und Waschen bis hin zu Hausaufgaben, Schulbesuch, Freunde treffen ... und zwar, weil alles Anforderungen sind oder solche mit sich bringen, die sie innerlich
so sehr stressen, dass sie entweder "wie gelähmt" oder mit extremen Wutausbrüchen reagieren.
“It’s like my body has 2 control centres, one is my heart and one is my brain. My heart wants to do something
but my brain says no, and no matter how hard I try my brain just won’t let me do it. It’s like there’s a train, and there
is a driver at each end, both drivers are pulling in a different direction so the train can’t go anywhere, it just stays still,
it freezes like me” – Holly Quelle: https://www.pdasociety.org.uk/life-with-pda-menu/how-pda-can-feel/
Selbst für die Austimus-Diagnose brauchten wir schon lange, denn mein intelligentes Kind lernte von früh an, sich perfekt zu maskieren und damit null aufzufallen. Zuhause fiel die Maske und mit der Maske auch die Anspannung, die sich mit Blitz und Donner entludt. Besonders bei Mädchen fällt es erwiesener Maßen schwer, hinter die Maske zu blicken, um diagnostisch klar zu werden. Und trotz Autismus-Diagnose und mehreren Gutachten, blieben für mich lauter Fragen unbeantwortet; ich konnte mein Kind nicht erschöpfend in der Diagnose wiederfinden. Z.B.: Warum gibt es noch Wutausbrüche, wenn ich Stressoren kontrolliere? Warum gibt es Meltdowns, wenn ich ganz normale Alltagsdinge einfordere?
Ich selbst brauchte alles in allem 8 Jahre, um PDA zu finden und damit mein Kind endlich richtig verstehen und annehmen zu können.
Denn, wie - ich sag mal - "jeder normale Mensch" kenne ich meinen inneren Schweinehund, hab manchmal keine Lust Dinge zu tun,
die mich langweilen oder die anstrengend sind, überwinde mich dann aber doch und erledige meinen Kram. Ich schiebe mal auf, vermeide oder mache "Augen zu und durch" .... OHNE, dass ich hinterher zusammenbreche oder irgendwas kurz und klein schlagen möchte.
Und wie vermutlich sehr viele Menschen auf der Welt, schließe ich aus meinem Verhalten und dem, was mich meine Erfahrung mit Menschen lehrte, darauf, dass es anderen ähnlich geht. Und dann kommt mein Kind und sagt: Mama, ich KANN aber nicht. Und ich sage: Na klar kannst du, du willst vielleicht nicht, aber natürlich KANNST du Zähne putzen. Und dann antwortet das Kind: Mama, du verstehst mich nicht.
Ich KANN nicht! ... und dann frage ich mich: Kann das sein? Und: Was ist das? Und: Wie erklärst du das z.B. der Schule, wenn das Kind
keine Hausaufgaben machen KANN? ... Ein seeeehr langer Weg und seeeehr beschwerlich und deshalb umso mehr von Bedeutung für mich, hier aufzuklären und Bewusstsein zu schaffen.
Demand avoidance makes it sound like I’m avoiding things on purpose, but I literally have no choice in it whatsoever.
So I prefer to call it demand anxiety - Tally Quelle: https://www.pdasociety.org.uk/life-with-pda-menu/how-pda-can-feel/
PDA ist ein Profil im Autismus-Spektrum, was in vielerlei Hinsicht von den klassischen "Symptomen" des Autismus abweicht. So wirken diese Menschen deutlich sozialer, wenngleich sie den tieferen Sinn der sozialen Situation/Beziehung nicht zwingend verstehen. Sie haben auch soziale Fähigkeiten - z.B. manipulieren, Ausreden erfinden, Gründe vorschieben, lügen, ... - die ihnen helfen, ihre Vermeidung zu kaschieren. Sie spielen auch mal Rollenspiele, haben Phantasie und können sich mit phantastischen Figuren identifizieren. Sie sind kommunikativer und nutzen auch Augenkontakt. "normale" Erziehungmethoden (Belohnen/Bestrafen, Marte Meo, visuelle Hilfen, o.ä.) helfen nicht, machen es u.U. sogar noch schlimmer. Sie haben stark schwankende Gefühle und können alltäglichen Anforderungen nicht Folge leisten. Erleben Sie Druck, diese Anforderungen zu leisten, zeigen sich heftige Reaktionen, die durch den Stress/die Angst vor Kontrollverlust verursacht werden. Es folgen Zusammenbrüche,
Wut, Verzweiflung, Aggression, Lähmung ...
Eigentlich alles. Denn sogar eine Wahl zwischen zwei Handlungsoptionen grenzt u.U. so stark ein, dass selbst das Verweigerung durch Stress/Angst erzeugt. Konkret bedeutet das ...
... dies alles einzeln oder in Kombination kann zu einer Art Kontrollverlust über die eigene "Autonomie" führen, was wiederum - je nach Belastung - sofort oder später - Shut downs, Aggression, Zusammenbrüche oder ähnliches zur Folge hat.
Häufig befinden sich die Menschen, die ins PDA-Profil passen, bereits in einer Art "Burnout", wenn dann endlich die erlösende Erkenntnis kommt. D.h. dann sind die Betroffenen schon so "on edge", dass erst einmal nur Akzeptanz und die radikale Reduzierung von Anforderungen helfen, damit sich das Stress-Level normalisieren kann (Abbau von Cortisol kann dauern). Das bedeutet als Elternteil z.B. damit klar zu kommen, dass das Kind mal eine Woche lang nicht duscht, sich nicht anzieht und quasi "nichts tut", außer Sachen, die für es angenehm sind. Ist der Stress reduziert, können reduzierte Erwartungen, indirekte Fragen und "kreativer" Umgang mit der neuen Situation helfen, das Miteinander zu entlasten. Die Entlastung allein bedeutet dann allerdings auch nicht, dass die Vermeidung wegfällt. Die Entlastung bedeutet lediglich, dass die Reaktionen auf Anforderungen weniger heftig ausfallen. Eine hohe Toleranz und Humor, sowie reduzierte Erwartungen und Freiräume schaffen eine kooperative Basis, um dann gemeinsam weiterzuarbeiten.
PDA ist noch ziemlich "neu", d.h. gerade im deutschsprachigen Raum noch nicht sehr verbreitet. Wenn du dich näher damit befassen möchtest, dann schau bei den folgenden Links mal vorbei und verweise auch gern deine Kontaktpersonen, seien es Kinder- und Jugendpsychiater, Kinderpschologen, Jugendamtsmitarbeiter, Frühförderstellen, MSD-Mitarbeiter etc. darauf: